Sprachaufenthalt in den USA

Am 10. August 2021 stieg ich in ein Flugzeug Richtung Vereinigte Staaten, ohne genau zu wissen, was mich erwartet. Nach einer aufregenden Reise, geprägt von vielen gemischten Gefühlen, landete ich in Louisville Kentucky; dort wurde ich von meiner Gastmutter und meiner ältesten Gastschwester abgeholt. Zwei Stunden später kamen wir beim Haus an, welches für ein Jahr mein Zuhause wurde. Wir fuhren über einen langen Kiesweg bis zu unserem schönen Farmhaus, wo ich herzlich begrüsst wurde von zwei Golden Retrievern. Angekommen in meinem Zimmer liess ich mich erstmal erschöpft aufs Bett fallen und schlief meinen Jetlag aus.

Am nächsten Morgen wachte ich auf und musste zuerst realisieren, dass ich jetzt wirklich ein Jahr nicht zuhause sein werde. Neugierig, aber auch etwas verängstigt ging ich die Treppe herunter, wo meine Familie auch schon auf mich wartete, um Frühstück zu essen. Die nächsten Tage verbrachte ich hauptsächlich damit, die Gegend und amerikanische Supermärkte, die mir so unglaublich gigantisch vorkamen, zu erkunden. Am Wochenende meiner Ankunft fand auch die Indiana State Fair statt. Dort sammelte ich die ersten Eindrücke des Mid-Western Farm leben. Die Fair bestand zum größten Teil aus Tierausstellungen und Essensständen.

Am darauffolgenden Montag fing auch schon die Schule an. Ich war an meinem ersten Schultag extrem nervös und war mir nicht sicher, was mich erwarten würde. Ich hatte aber Glück und Paige, meine gleichaltrige Gastschwester, zeigte mir alles ausführlich und begleitete mich zu meinen Klassen – in Amerika besucht man jedes Fach mit anderen Schüler:innen. Das half mir persönlich gut dabei, Kontakte zu ganz viel verschiedenen Menschen zu knüpfen. Ich entschied mich ebenfalls dazu, im Team der Schule Fussball zu spielen und lernte auch so viele tolle Menschen kennen.

Mein Schulalltag sah ganz anders aus als hier am LG. Die Schule begann jeden Tag um halb neun und ging nur bis etwa zehn vor drei. Der Stundenplan war demnach auch jeden Tag der gleiche, was für mich sehr gewöhnungsbedürftig war. Der Unterricht war inhaltlich aber ziemlich einfach. Zu meinen Lieblingsfächern zählte Biologie und Algebra, da ich mich gut mit den jeweiligen Lehrern verstand und auch der Unterricht mir Spass machte. Das Verhältnis zwischen Lehrer:innen und Schüler:innen ist ebenfalls ganz anders, mehr informell und vertrauter als bei uns hier.

In den Herbstferien waren ich und meine Familie an eine Hochzeit in Colorado eingeladen. Während unseres Roadtrips besuchten wir viele atemberaubende Orte und fuhren durch fast fünf Staaten. Am Ende verbrachten wir noch drei Tage in einer Hütte in den Weiten von Colorado, wo auch die Hochzeit stattfand.

Ende Oktober feierten wir dann ein ausgiebiges Halloween-Fest, was für mich zwar ganz neu war, aber auch sehr erfreulich. Ebenfalls nach den Ferien fand Homecoming statt. Homecoming ist ein Schulball, an dem sich alle Schüler schön kleiden und dann in der Schule feiern. Ich und meine Freundinnen machten uns gemeinsam fertig, gingen dann essen in einem Restaurant, bevor wir zur Schule fuhren. Wir tanzten bis um zwölf; dann war die Veranstaltung zu Ende.

Als der Winter langsam kam, gingen wir oft Skifahren beziehungsweise Snowboarden. Die Skipisten sind nichts im Vergleich zu den schönen Schweizer Bergen, aber ich genoss es trotzdem in vollen Zügen. Die Fussballsaison neigte sich ebenfalls dem Ende zu, was mich traurig machte, da mein Team aus sehr großartigen Mädchen bestand und ich sehr viel Zeit mit ihnen verbrachte in dieser Zeit. Jedoch freute ich mich auch auf mehr Freizeit, die ich nutzen konnte, um zum beispielsweise zu reiten oder einfach mal zu entspannen.

Wir hatten fünf Pferde, zwei Hunde, etwa fünfzehn Katzen, etliche Hasen und natürlich Kühe. Das Leben auf der Farm war sehr beruhigend und idyllisch und ein guter Ausgleich zu dem, was ich mir hier in Zürich gewohnt bin. Als dann der letzte Schnee schmolz und die Temperaturen wärmer wurden, unternahmen wir viel mit der Familie: einen Tag im Freizeitpark, shoppen in der nächsten Stadt, ein kurzfristiger Trip nach Chicago oder einfach die Grosseltern besuchen. Mein persönliches Highlight war unsere Spring-Break Reise. Wir flogen nach Palm Springs wo wir ein Haus gemietet hatten und erkundeten von dort mit dem Auto die Gegend. Wir verbrachten auch einen Tag in L.A. und sahen alle bekannten Sehenswürdigkeiten wie den Hollywood Boulevard, Venice Beach, verschiedene Filmstudios und die riesigen Villen der Stars.

Nach einer Woche ging es aber dann mit vielen Erinnerungen im Gepäck nachhause. Langsam merkte ich, dass mein Jahr zu Ende ging und ich wusste nicht so genau, wie ich damit umgehen sollte. Einerseits vermisste ich meine Familie und Freunde, andererseits war ich in den USA umgeben von einem so tollen Umfeld. Was ich aber wusste, war, dass ich jeden Tag geniessen sollte, denn die Zeit lief und sie lief schnell. In den letzten zwei Monaten vor meiner Abreise fuhren wir noch nach New York und Washington D.C.,  was für mich zwei der eindrücklichsten Orte waren, die ich in diesem Jahr besuchte. New York verzauberte mich mit der Lebendigkeit der Stadt und dem multikulturellen Aspekt, der mir fehlte in Indiana. Washington D.C. hingegen beeindruckte mich durch die vielen Denkmäler und unglaublichen Bauwerke der Stadt.

Der letzte grosse Event war die Prom. Für die Prom bereitet man sich teilweise Wochen vor, um dann an einem Abend gut auszusehen. Für mich war es aber auch ein grosses Highlight, da man diesen Event immer in allen Highschool-Filmen sieht und ich von dem mein Leben lang ein bisschen träumte. Vor der Prom gingen wir ebenfalls wieder in einer Gruppe essen, bevor wir dann an die Party gingen. Nach der Prom ging ich mit einem erfüllten Gefühl und schönen Erinnerungen nach Hause.

Dann kam der Tag meiner Abreise und mir wurde bewusst, wie viel ich in diesem Jahr erlebt hatte, wie viel ich über mich und andere gelernt habe und vor allem, wie sehr ich als Person gewachsen bin und mich entwickelt habe. Der Austausch hat mir gezeigt, wie wichtig es ist, andere Kulturen und Menschen von anderen Kulturen kennenzulernen und sich auszutauschen. Ich habe gelernt, mit Problemen umzugehen, die hier gar keine sind, aber dort, wenn man alleine ist, einem auf einmal zum Verhängnis werden können. Ich habe aber auch gemerkt, wie glücklich ich mich schätzen kann, in der Schweiz zu leben.

Alles in allem war es eine Erfahrung, die ich für nichts eintauschen würde und ein Jahr, das mir Freunde fürs Leben gab.

Emilie Kräyenbühl